Schönow bei Teltow war ein kleines Dorf, das bis ca. 1830 in sich dreifach geteilt war. Diese Dissertation ist eine Mikrostudie, in der die Bevölkerung des Dorfes aufgrund eines großen Quellenbestandes demographisch genau untersucht werden kann. Auf diesen Erkenntnissen aufbauend können die nach Dorfteil unterschiedlichen Formen von Dorfherrschaft bewertet und ihr Zusammenwirken mit den Herausforderungen der Frühen Neuzeit analysiert werden. Eine trotz administrativer Teilung getrennte Dorfgemeinde taucht dabei nach außen hin im Kollektiv handelnd auf, während ihr jeweiliger Umgang mit den unterschiedlichen Herrschaftsstilen ihrer Gutsherren Rückschlüsse auf die Herrschaftspraxis und die Handlungsspielräume der Bauern in der Frühen Neuzeit in Brandenburg-Teltow geben.
Anhand der Netzwerke durch Eheschließungen und Patenschaften nach außen und ihre Veränderungen sowohl in Bezug auf den Ort als auch die Art der Verbindung lassen sich übergeordnete zeitgenössische Ereignisse im Dorf darstellen. Quellen über die Hofinventare lassen individuelle Analysen der einzelnen Bauernfamilien in ihrer Art der Hofführung zu. Die unterschiedlichen Formen der Dorfherrschaft und ihre Folgen zeigen auf, wie sich unterschiedlich große Handlungsspielräume auf das Wohlbefinden der Bauern auswirkten und im Gegenzug auch die jeweiligen Gutsherren entweder profitierten oder wirtschaftliche Verluste erlitten.
Das Verhalten der Bewohner bei Bränden, Seuchen und Kriegen, aber auch in Zeiten des Friedens und sogar des Wohlstandes stellt unterschiedliche Dynamiken dar, die der Forschung zur ländlichen Geschichte Brandenburgs in der Frühen Neuzeit ergänzende Facetten in Bezug auf Konflikt- und Krisenbewältigung, Selbstbehauptung gegenüber den Lehensherren und Selbstständiges Handeln der Dorfgemeinde geben sollen.
Der Streit zwischen Schönow und der anliegenden Stadt Teltow zeigt einen in der Forschung selten behandelten Dorf-Stadt-Konflikt, in welchem das Verhalten der Bewohner der beiden Orte sowie die Korrespondenzen der einzelnen Guts- und Lehnsherren über hundert Jahre lang die Praxis des Aus- und Verhandelns, sowie der Kommunikation aller handelnden Instanzen in einem zeitlich stark begrenzten Raum analysiert und dargestellt werden kann.
Insgesamt ist diese Mikrostudie also nicht als eine Ortschronik zu verstehen, die Ihr Forschungsobjekt als „Nabel der Welt“ zur Analyse zur Geschichte des ländlichen Brandenburgs in der Frühen Neuzeit in Bezug setzt. Natürlich spielen demographische Studien und das genaue Betrachten des Dorfes und seinen Bewohnern eine große Rolle und ergänzen den Fundus an Erkenntnissen zur Geschichte der Dörfer in Brandenburg-Preußen. Diese Arbeit soll jedoch vor allem multiperspektiv übergeordnete Aspekte wie die Handlungsspielräume der einzelnen Handelnden und die Herrschaftspraxis in Brandenburg-Preußen im Hinblick auf die Ereignisse und Herausforderungen der Zeit miteinbeziehen, sodass eine „Lebenswelt“ oder „Lebenswelten“, wie Hans Medick es beschrieb, vom Kleinen ins Große projiziert und somit zur Diskussion in der ländlichen Forschung offengestellt werden können.